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Exhibition View Foto: Oskar Schmidt
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Exhibition View Foto: Oskar Schmidt |
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Agape, 2016 - 2017, 250 x 400 cm, oil on canvas | |||
Fahim Amir Agape und Taṣawwuf Fragmente einer Begegnung Mystik ist die Liebe zum Absoluten. Die Mystik des Ostens fand in der Liebe das Absolute. War damit das Herz die Wohnung des Göttlichen geworden, konnte die Poesie zu ihrem Atem werden. So wurde im Morgenland die Liebesdichtung zur Sprache der Mystik. Sich selbst behängten die ersten Mystiker der Liebe mit wollenen Umhängen, die nur das Notwendigste vor Wetter und Augen schützten. Aus dem Wort für Wolle, suf, wurde taṣawwuf. Auf diesem Pfad der Liebe besitzt man nichts und wird von nichts besessen. Ihre Bedürfnislosigkeit hat asketische Züge, denn sie reicht sich. Doch obgleich diese Liebe radikal zum anderen hin gerichtet ist und dem eigenen Ego entsagt, bleibt sie nicht einsam. Nicht nur der Durstige sucht das Wasser, auch das Wasser sucht den Durstigen. Und wär‘ nicht das Auge sonnenhaft, die Sonne könnt‘ es nie erblicken. Kein Buch kann die Erfahrung dieser Liebe ersetzen. Es heißt, die Worte blieben am Ufer zurück. Doch die liebenden Poeten des Ostens besangen ihre Sonne kunstvoll in Versen ohne Ende. Für sie konnte nur die Weisheit des Herzens, die Gnosis, den Weg weisen. Dafür war eine metaphysische oder spirituelle Erfahrung notwendig, die weder von sinnlichen noch rationalen Verfahren abhing. Hatte sich die Suchende auf den Weg zu dieser letzten Wirklichkeit gemacht, wurde sie von einem inneren Licht geführt. Dieses Licht wurde stärker, wenn sie sich von den Rückständen dieser Welt befreite oder – wie die Mystiker des Ostens gesagt hätten – den Spiegel ihres Herzens polierte. Erst nach einer langen Zeit der Reinigung – der via purgativa der christlichen Mystik – würde sie die via illuminativa erreichen, wo sie Liebe und Gnosis erführe. Von dort aus war der ultimative Schritt möglich, das letzte Ziel aller mystischen Suche, die unio mystica. Diese wird als liebende Vereinigung beschrieben oder als visio beatifica, in der der Geist das sieht, was jenseits alles Sichtbaren ist. Als würde ein Schleier gelüftet. Im Abendland ist kein Gedanke der Liebe in so tiefen Gewässern gefahren wie jener der Agape. Sie war zuerst ein Fest der Vielen, erst später wurde sie zur leidenschaftlichen Singularität. Für die, die sie erlebt haben, gehört die bedingungslose Liebe zur Welt. Sie wird subjektiv erfahren und kann objektiv befragt werden. Die Frage, wie es um die Liebe stünde, hätte man von ihr nie gehört, lässt sich hingegen nicht ohne Weiteres beantworten. Das Sprechen und Erzählen, das Lesen und Schreiben von der Liebe gehören längst zu ihr. Dies heißt nicht, dass sich hier nicht auch sehr unterschiedliche Perspektiven begegnen, überkreuzen, wieder voneinander ablassen. In Platons Symposium ergreift Sokrates das Wort, um über die Liebe als Eros zu sprechen. Doch statt von seinen Ideen erfahren wir von den Lehren einer Frau – Diotima, eine Priesterin und Fremde. Es ist nicht das herzliche Lachen der gewitzten thrakischen Magd über die Nichtweltlichkeit des ersten Philosophen, der, den Blick zum Himmel gerichtet, in den Brunnen vor seinen Füßen plumpste, das ihre Erläuterung begleitet, sondern subtiler Humor und wohlwollendes Lächeln. Diotima begründet Philosophie als Eros, als Abwendung vom vergänglichen Schein der Dinge hin zur Anschauung reiner Ideen durch das Verlangen nach dem ewig Schönen. Es wird zwar nicht klar, wer in dieser ménage à trois des Denkens über die Liebe eigentlich spricht, doch der Widerhall ihrer Ideen, dieser Kinder schöner Seelen, wird als Neoplatonismus in die islamische Liebesmystik eingehen und von dort wieder in das mittelalterliche Denken des Christentums zurückzuströmen. Agape im Sinn einer Liebe, die sich für den anderen gänzlich aufgibt, hat eine andere Teilhabe an der göttlichen Ewigkeit im Sinn. Der Mann aus Nazareth ist ein Bild dafür, wie weit die selbstlose Liebe gehen kann und darf. Diese besondere und äußerste Form der Liebe unmittelbar als Vorbild zu nehmen, ist vielleicht eine Aufgabe für Heilige. Einem hohen österreichischen Geistlichen werden hingegen die weisen Worte zugeschrieben, Dogmen seien wie Straßenlampen, nur Betrunkene hielten sich daran fest. Auch taugt, was im Privaten vollzogen werden kann, nicht unbedingt für das öffentliche Leben oder die Beziehung zwischen Staaten. Was in diesen Sphären als Gerechtigkeit bezeichnet wird, dürfte auch in jener etwas Geltung besitzen, ohne damit zur Erosion der Sphären selbst führen zu müssen. Eros wird manchmal als natürliche Selbstliebe verstanden, die ihren Geltungsbereich auf all das ausdehnt, was dem Selbst zum Vorteil gereicht. Agape hingegen wendet sich nach oben und seitwärts – zum Göttlichen und zum Nachbarn. Etwas Fernstenliebe kann dabei sicher nicht schaden. Vielleicht neigt auch die Nächstenliebe ohne zumindest etwas Selbstliebe zu neurotischen Übersteigerungen. Deshalb muss noch lange kein Mittelweg eingeschlagen werden. Kopf und Körper nicht zu vergessen, würde vielleicht schon helfen. Doch wie? Ein radikaler Frühaufklärer, der eben aus seiner jüdischen Gemeinde in den Niederlanden geworfen worden war, vollführte einen Tigersprung, als er schrieb, der Körper denke den Geist. Liebe heißt Grenze, denn sie kennt keine. Ihr wohnt eine Kraft inne, die alles zu transzendieren vermag. Deshalb wehen die Gedanken und Blätter durch die Zeitalter, um die Widerspenstige in ein Verhältnis gesellschaftlicher Ordnung zu spannen. Das gelingt, aber nur bedingt. Gehört die Liebe nun zur Liebenden oder zum Geliebten oder beiden oder gar mehreren zugleich? Solche Fragen haben mitunter ganze Generationen auf die Barrikaden gerufen, sie haben Denkarchitekturen und Sozialgefüge erbeben lassen. Bereits die Frage, ob der Name der Liebe laut geschrien oder leise gesprochen werden solle, hat im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert Kriege ausgelöst. Schweigen ist hingegen fast immer eine schöne Hülle. Zwar erweist sich auch das Wort oft als Feind des Geheimnisvollen und Verräter der Gewöhnlichkeit, doch Helden erheben stets Anspruch darauf – besonders auf das Letztgenannte. Das ist gerade in Liebesdingen der Fall, besonders in jener Konstellation, die „eine Szene machen“ genannt wird. Wem es gelingt, sich einer Szene zu entziehen, ist eigentlich schon ganz gegangen. Wer sich hingegen in einer Szene wiederfindet, ist gewissermaßen bereits verheiratet. Denn gleichgültig, wie überraschend das Sichverlieben vonstattengegangen sein mag, sobald wir jemandem eine Szene machen, herrschen Regeln. So wird es möglich, dass wir in der Szene dreier Eigentümlichkeiten des Sprachlichen gewahr werden. Wir sind in sie geworfen. Obwohl sie das Innerste ausdrücken soll, stammt sie nicht aus uns, sondern ist uns zunächst äußerlich. Language is indeed a virus from outer space. Zu sprechen bedeutet des Weiteren, sich seiner selbst zu vergewissern. In den Speisesälen mancher Schweigeklöster findet man deshalb an den Säulen verständnisvolle Notizen für Novizen: Schweigen fällt schwer, weil zu schweigen an der eigenen Existenz zweifeln lässt. Zuletzt ist die Szene, so wie die Sprache, endlos. Die Szene lebt von Bezichtigungen, die dazu nötigen, zurückzusprechen, den verletzenden Worten Widerworte zu entgegnen. Deswegen kennt der Wirbel einer Szene zwischen Liebenden auch kein echtes Ende. Die Szene endet stets aus äußerlichen Gründen — wegen einer Unterbrechung („Die Leute schauen schon“, „Die Kinder wachen auf“), sie vergeht aufgrund von körperlicher Erschöpfung oder schlägt in den Liebesakt um. Danach ist alles wie zuvor, denn die Szene dient weder einer Veränderung der Beziehung noch der Überzeugung des anderen. Wer jemandem eine Szene macht, begeht loyalen Verrat. Denn wer liebt, erfindet stets Privatsprachen. Diese sind Lobeslieder auf die Einzigartigkeit des Gegenübers, dem keine Sprache, kein Satz, den auch andere verwenden, genügen kann. Wer benennt, tötet. Universalität, egal wie positiv, ist hier ein Makel. Daher die Neigung, Liebeserklärungen in Fremdsprachen und vernakularen Idiomen auszudrücken. Es geht darum, der Sprache, der stets etwas Universelles innewohnt, ein Schnippchen zu schlagen. In der Szene hingegen wird die Regelhaftigkeit zum Vorwurf („Du, immer,“, „Typisch, dass“). Mörder verfügen bekanntlich über eine gute Prosa, und wem das Herz voll ist, dem geht der Mund über. Zu jeder Heldengeschichte gehören berühmte letzte Worte. So triumphiert auch in der Szene, wer das letzte Wort hat. Es ist aber auch möglich, sich dem Zwang zu verweigern und auf das letzte Wort zu verzichten. Dies kann die Form des Dienens annehmen. Der absolute Dienst wird stets in einer Art Schweigen vollzogen. Der gesenkte Kopf ist eine alte Geste dafür. Sie macht nicht nur schutzlos, sondern zeigt an, dass nichts mehr zu sagen ist. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten. Eine davon ist die subversive Geste, eine Absage an alle Herrschaft. Von einer fernöstlichen Meisterin der Mystik, heißt es, sie habe auf die Frage, was Buddha sei, sich einer triumphalen Antwort entschlagen. Stattdessen streifte sie ihre Sandalen ab, legte sie auf den Kopf und ging davon. |
Fahim Amir Agape and Taṣawwuf Fragments of an Encounter Mysticism is love of the absolute. The mysticism of the East found the absolute in love. Once the heart had become the dwelling place of the divine, poetry was able to become its breath. And so it was that love poetry became the language of mysticism in the Eastern world. The first love mystics draped themselves with woolen cloaks, which protected only what had to be protected from the weather and the human eye. From the word for wool, suf, the word taṣawwuf was derived. Along this path of love there is no possessing or being possessed. Love’s lack of material needs has ascetic traits, for it is self-sufficient. Nevertheless, though this love is radically directed towards the other being and abnegates the ego, it does not remain solitary. Not only does the person who is thirsty seek water, water also seeks the person who is thirsty. And if the eye were not sun-like, it could never behold the sun. No book can be a substitute for this experience of love. Indeed, words are left behind standing on the shore. Nevertheless, the enamored poets of the East artfully and endlessly extolled their sun in verse.
Love signifies boundary, for it knows none. Inherent in love is a force that is capable of transcending everything. Consequently, thoughts and printed pages, like so many leaves, are carried through the ages by the winds of time in attempts to bridle this recalcitrant thing in a relationship of social order – attempts that succeed, but only to a limited extent. Does love belong to her, who loves, or to him, who is loved, or to both, or even to many at the same time? There have been instances where such questions have caused entire generations to mount the barricades; they have shaken architectures of thought and social structure to the core. In the sixteenth and seventeenth centuries, the mere question as to whether the name of one’s love should be shouted out loud or spoken softly sparked off wars.
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Exhibition View Foto links: Alina Kunitsyna |
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Exhibition View Foto: Oskar Schmidt |
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Exhibition View Foto: Oskar Schmidt |
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Exhibition View in Epsteinhaus, Schlossgasse 14, 1050 Wien Foto: Lisa Kandlhofer |
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Exhibition View in Epsteinhaus, Schlossgasse 14, 1050 Wien Foto: Lisa Kandlhofer |
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Exhibition View in Epsteinhaus, Schlossgasse 14, 1050 Wien Foto: Alina Kunitsyna |
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Exhibition View IN THE FOLD Galerie Lisa Kandlhofer, 19.10. - 18.11.2017 Foto: Alina Kunitsyna |
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Exhibition View IN THE FOLD Galerie Lisa Kandlhofer, 19.10. - 18.11.2017 Machine of Paul Skrepek Foto: Alina Kunitsyna |
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Paul Skrepek & Andreas Platzer. 2 Concerts of 6 Machines in Exhibition : Alina Kunitsyna, IN THE FOLD Galerie Lisa Kandlhofer, 19.10. - 18.11.2017 Maschine von Paul Skrepek Foto: Oskar Schmidt |
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Paul Skrepek & Andreas Platzer. 2 Concerts of 6 Machines in Exhibition : Alina Kunitsyna, IN THE FOLD Galerie Lisa Kandlhofer, 19.10. - 18.11.2017 Machine of Paul Skrepek Foto: Oskar Schmidt |
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Paul Skrepek & Andreas Platzer. 2 Concerts of 6 Machines in Exhibition : Alina Kunitsyna, IN THE FOLD Galerie Lisa Kandlhofer, 19.10. - 18.11.2017 Mashine of Paul Skrepek Foto: Oskar Schmidt |
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Alina Kunitsyna & Paul Skrepek Paintings of Machine for Aureola Cycles, 2017, each 55 x 55 cm, Ink on Paper Foto: Alina Kunitsyna |
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Alina Kunitsyna & Paul Skrepek Paintings of Machine for Aureola Cycles, 2017, each 55 x 55 cm, Ink on Paper Foto: Alina Kunitsyna |
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